Das „Leben neu ordnen müssen“ – ein Thema, das uns alle früher oder später beschäftigen wird. Mit diesen Worten eröffnete Buchhändlerin Teresa Günther den BuchBesuch am Mittwoch mit Sr. Carmen Tatschmurat zu ihrem gleichnamigen Buch, erschienen im Herbst 2022 im klostereigenen Vier-Türme-Verlag. „Definitiv mehr als einmal!“ kam prompt der Kommentar von P. Fidelis Ruppert aus dem Publikumsraum der Klosterbuchhandlung, der für erste Erheiterung unter den Besuchern sorgte.
Die Abtei Münsterschwarzach – mit ihrer großen bendiktinischen Gemeinschaft, dem vielseitigen Gästehausangebot, der imposanten Abteikirche und den vielen Betrieben – würden die Besucher alle gut kennen, meinte Sr. Carmen Tatschmurat am Anfang ihrer Lesung. Da, wo sie herkomme, sei das genaue Gegenteil der Fall. In der Abtei Venio lebt sie als Benediktinerin in einem kleinen Konvent nach der Regel des heiligen Benedikts – und das in einer Altbauvilla im Münchner Stadtteil Nymphenburg ohne große Abteikirche und Betriebe. Eine weitere Besonderheit: Die Schwestern gehen alle weiterhin ihren regulären Berufen nach, Sr. Carmen war bis zur Emeritierung Professorin für Soziologie. Auch ein Grund dafür, dass sich die Gemeinschaft schon von Beginn an dazu entschlossen hat, den Schleier nur für das Chorgebet zu tragen.
Das richtige Passwort im Leben finden
Sr. Carmen war bis 2021 Äbtissin der Abtei Venio. In ihrem Buch „Mein Leben neu ordnen. Benediktinische Impulse für Zeiten des Umbruchs“ geht es um ihren Rücktritt aus ihrem Amt und das Sabbatjahr, das sie diesem anschloss. Ihre damalige Situation beschreibt die Autorin als eine, in der sie Kairos – eine Gottheit, die in der griechischen Mythologie eine günstige Gelegenheit und den Ruf der Entscheidung symbolisiert – annehmen musste. Ein günstiger Augenblick, der genutzt werden wollte. Denn ist er vorbei, lässt er sich nicht mehr festhalten. Also hielt Sr. Carmen ihn fest und gab so ihrem Leben eine neue Richtung.
Ihr Sabbatjahr verbrachte die Benediktinerin in der Ferienwohnung der Gemeinschaft am Starnberger See. Zunächst empfand sie es als befreiend, sämtliche Verantwortung abzugeben und frei entscheiden zu können – gerade die ständigen Veränderungen und Neu-Einstellungen in der Coronazeit hätten sie sehr gefordert. Mit dem Privileg, frei entscheiden zu können, kam jedoch gleichzeitig auch die Herausforderung: „Ich kann, aber ich muss auch entscheiden“. In ihrer Zeit an der Universität habe sie oft mit ihren Studenten über dieses Thema diskutiert. „Das fängt bei Waschmittel an und geht weiter bis zur Entscheidung, welche Religion zu mir passt. Deshalb ist es wichtig, sein eigenes Passwort zu finden“, so Sr. Carmen. Den Begriff des „Passworts“ prägte Romano Guardini, der jedem Menschen eine Bestimmung zusprach. Dieses Passwort gelte es zu finden, dann könne es uns führen.
Raum, Zeit und Resonanz
In ihrem Buch, das sei ihr aufgefallen, ginge es immer wieder um dieselben Schlüsselbegriffe: Raum, Zeit und Resonanz. Wenn sich Lebensumstände radikal veränderten, würden sich automatisch Fragen zum Raum aufdrängen. „Wie soll mein Wohnumfeld aussehen, das jetzt zu mir passt? Ziehe ich näher zu meinen Kindern? Welche Dinge dürfen mit in die neue Lebensphase kommen? Und: Wo komme ich in Schwingung mit Gott?“